Vier seltene Aquarelle des ausgehenden 16. Jahrhunderts, darstellend osmanische Würdenträger, darunter Sultan Murad III (1574-1595), gemalt nach 1587 von Heinrich Hendrofski (Hiendrofski/Gendrofski)
Aquarell auf Papier
Maße: ca. 41 x 28,2 cm
Wasserzeichen: nur teilw. sichtbar (Briquet Nr. 925-926) [entsprechend dem Wasserzeichen im Cod. 8626]
Lichtränder, leicht ausgebleicht
Provenienz: Privatbesitz Wien
(1) Der Tyrck. Key: Soldan Mvrath
[= fol. 39 d. Cod. 8626 der ÖNB]
(2) Also Reitt der oberist Statt profhos/mit einem Zauschen Vor dem/Keyser das er plaz macht
[= fol. 48 d. Cod. 8626 der ÖNB]
(3) Vesier aus der Grenzen [1]
[= fol. 46 d. Cod. 8626 der ÖNB]
(4) Wegler Weg aus grecia [2]
[= fol. 16 d. Cod. 8626 der ÖNB]
[Zwei dieser vier Blätter, nämlich 1 und 3, entsprechen auch Abbildungen in folgendem Werk: „I Turchi. Codex Vindobonensis 8626 testo di Alberto Arbasino, introduzione di Franz Unterkircher. Franco Maria Ricci editore in Parma 1971, S. 67 u. S. 77.“]
Als Auftraggeber des Codex Vindobonensis 8626 ist der von 1590 bis 1592 als kaiserlicher Gesandter (Orator) an der Hohen Pforte fungierende Dr. utr. jur. Bartholomäus von Pezzen (Petz) bekannt. Dieser stammte aus Croviana im Val di Sole bei Trient/Trento. Bartholomäus Pezzen studierte in Bologna die Rechte. Am 5. Jänner 1574 erfolgte seine Promotion, worauf er Rat des Erzherzogs Ernst von Österreich (1553-1595) wurde; ein Jahr später, nämlich 1575, wurde er schon zu dessen Kriegs-Rat ernannt. Als Joachim von Sinzendorf (1544-1594) 1578 zum Orator an der Pforte ernannt worden war, begleitete ihn Pezzen zunächst noch als dessen Sekretär. Darauf fungierte er unter den nächsten beiden Oratoren nämlich Johann von Breuner, der 1580 bis 1584 Orator war, und seinem Nachfolger Michael von Eytzing, der diesen Posten von 1584 bis 1590 innehatte, als Internunzius. [3]
Im Jahre 1590 endlich aufgrund seiner profunden Kenntnisse des Landes und selbst der Sprache zum kaiserlichen Orator ernannt, überbrachte er dem Sultan die üblichen „Ehrengeschenke“. Pezzen gelang es in der Folge, trotz zahlreicher Schwierigkeiten, durch seine kluge Tätigkeit den mühevoll ausgehandelten Frieden zwischen dem Sultan und dem Kaiser weiterhin zu erhalten. [4] Im Jahr 1591/92 kehrte Bartholomäus von Pezzen aus Istanbul schließlich endgültig zurück, wobei er Kaiser Rudolph II. (1552-1612) in Prag die in seinem Auftrag gemalten Szenen aus dem türkischen Leben zum Geschenk machte. Diese waren im Auftrag von Pezzen in Istanbul von Heinrich Hendrofski (Hiendrofski/Gendrofski), der als Maler unter den Mitgliedern des Haushaltes des kaiserlichen Orators verzeichnet ist, gemalt worden.
Heinrich Hendrofski (Hiendrofski/Gendrofski) (um 1575-1600) kam – soviel ist bekannt – 1587 aus Wien nach Istanbul und soll aus der damals noch zum Königreich Böhmen gehörigen Stadt Bautzen (Boutschin) gestammt haben. In den Erinnerungen des Apothekers Reinhold Lubenau (1566-1631) wird dieser als „fürtrefflicher Conterfeiter“ bezeichnet“, der damals – in Istanbul im so genannten „Deutschen Haus“ wohnte. [5]
Diese außergewöhnlich qualitätsvollen Darstellungen wurden in der Folge zu einem Buch gebunden. Der später mit dem Supraexlibris des Kaiser Rudolph II. verzierte Codex war nachweislich auch Bestandteil der ehemaligen Kunstkammer des Kaisers in Prag. [6] Der Codex selbst gelangte aus der kaiserlichen Familie erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts in die kaiserlich-königliche Hofbibliothek in Wien und ist heute Bestandteil der Handschriften Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. [7]
Von Kaiser Rudolph II. wurde Bartholomäus von Pezzen nach seiner Rückkehr aus Istanbul in der Folge mit zahlreichen schwierigen und wichtigen diplomatischen Missionen betraut, so etwa in Siebenbürgen. Vom Kaiser in der Folge reich belohnt und als „Freiherr zu Ulrichskirchen“ in den Freiherrnstand erhoben, starb Pezzen ohne Nachkommen im Jahr 1605. [8] Nach seinem Tode genehmigte der Kaiser in Prag 17. August 1608 seinen jüngeren Brüdern, dem kaiserlichen Obristen Johann Baptist und dem kaiserlichen Hauptmann Julius, die Übertragung des Freiherrnstandes ihres verstorbenen älteren Bruders sowie eine Wappenbesserung als „Pezzen von Croviana, Freiherren von Altspaur (Belfort)“. [9]